Frank M. : ein Portrait in Ölpastell in einzelnen Schritten zum Zuschauen (WIP) - abgeschlossen

  • hallo ihr Lieben!


    Sehr gerne greife ich eure Anregung aus meinem "Ölpastell"-Thread auf und versuche hier mal, an einem Beispiel meine üblichen Arbeitsschritte bei einem Portrait in Ölpastell darzustellen.

    Dazu ein paar Vorbemerkungen:


    1. Ich habe mich abermals für ein Portrait einer offensichtlich afrikanischstämmigen Frau entschieden. Erstens deshalb, weil ich solche Menschen sehr interessant und attraktiv finde, und zweitens - und das ist für diesen Thread wichtiger - weil ich die Erfahrunng gemacht habe, dass sich Licht und Schatten sowie Lichtreflexe auf dunkler Haut viel deutlicher darstellen und viel besser wiedergeben lassen als bei einem so blassen mitteleuropäischen Typen wie z.B. mir :) Kurzum: es macht einfach Spaß, solche Gesichter zu malen.


    2. Als Malgrund verwende ich einen 30 x 40 cm großen Bogen Pastelmat, und zwar in Hellbraun, weil ich gern als Untergrund eine Farbe wähle, die irgendwie so ungefähr einen der hauptsächlichen Töne und voraussichtlichen Helligheitsstufen meines Bildes trifft. So kann ich schon mit leicher Schraffierung eine gut deckende Grundfarbe für das Objekt auftragen, ohne dass sie wegen zu hellem Untergrund (z.B. weiß) transparent wirkt.

    Zur Anwendung kommen zudem Ölpastellkreiden von Jaxon (schwarz, weiß und dunkelbraun), weiß von Sennelier, sowie FC Polychromos Stifte in weiß, schwarz und walnussbraun. Und ein Bleistift FC B2 zum Vorzeichnen.


    3. Um diesen Thread nicht zu sehr zu zerfleddern und fast unverfolgbar zu machen, wäre es vielleicht gut, wenn ihr mich die einzelnen Schritte erstmal zu einem gesamten Vorgang zusammenstellen lasst. Wenn ich dann in den nächsten Tagen irgendwann "FERTIG" drunter schreibe, freue ich mich über eure Kommentare :)



    Okay, fangen wir an...


    Zum Vorzeichnen übertrage ich normalerweise die Mittlere Gesichtsebene und die daran abgemessenen Gesichtsdimensionen auf das Papier. Dabei hilft es mir sehr, dass ich einen Zeichenkurs besucht habe, in dem ich die Festlegung und Bemessung der Gesichtsproportionen in vielen Perspektiven oft geübt habe. Alle für das spätere Bild nicht benötigten Messpunkte, Linien usw entferne ich sehr akribisch mit Knetradiergummi, weil sie später oft nur schwer zu übermalen sind.


    Gleichzeitig betrachte ich bereits die wichtigsten/markantesten Grenzen von hellen und dunklen Hautpartien und skizziere sie zur späteren Orientierung schon mal ganz grob.

  • Uiii... das wird spannend. Ich bleibe mal hier bevor ich noch was verpasse. Ich habe mir auch gebrauchte Ölpastellkreiden gekauft, warte jetzt auf die Lieferung ?


    Der Anfang sieht schon sehr vielversprechend aus und deine Erklärung ist klasse ?

  • oh.. das finde ich toll, ich habe mit Öl allerdings nix am Hut, weil es mir zu lange zum Trocknen braucht. Aber ich habe es auch noch nie ausprobiert und ganz ehrlich will ich es auch nicht, nachher macht es noch Spaß :))

    Und ich habe wahrlich schon genug Medien am Wickel ;)

  • Frank.M. Da es schwer wird, das hier keiner zwischendurch etwas schreibt, kann ich dir anbieten, das gesamte Step by Step nach Vollendung in unser Lexikon zu laden. Da wäre es dann übersichtlich am Stück zu sehen.


    Freu mich schon auf die Umsetzung, da ich es mir immer gar nicht vorstellen kann detailliert mit Ölpastellen zu malen.

  • Fireplanet12

    Hat den Titel des Themas von „ein Portrait in Ölpastell in einzelnen Schritten zum Zuschauen ;)“ zu „Frank M. : ein Portrait in Ölpastell in einzelnen Schritten zum Zuschauen ;)“ geändert.
  • BlueThunder :

    Danke, das mit dem Lexikon ist eine prima Idee! Würde mich freuen! Ich mach dann hier erstmal so wie geplant abschnittsweise weiter. Bis später...

    LG Frank


    der Hintergrund


    diesmal habe ich mich für einen seher hellen, homogenen, eher kühlen, fast einfarbigen Hintergrund entschieden, um damit einen deutlichen Kontrast zu dem hoffentlich sehr lebhaften Objekt in sehr warmen Farben zu erzielen und es damit noch besser zur Wirkung zu bringen. Deshalb schraffiere ich in diesem Fall den Hintergrund einigermaßen gleichmäßig mit weißer Ölkreide. Da ich eine sehr große weiße Kreide von Sennelier habe, nehme ich diese. Die deckt so gut und ist so ergiebig, dass es in diesem Fall kaum eine Kostenersparnis wäre, mich mit billigerer weißer Kreide z. B der Boesner Hausmarke tot zu rubbeln.

    Danach stippe ich ein Papier-Küchentuch so ganz eben mit dem Finger in Terpentin und wische damit in kreisenden Bewegungen abschnittweise die Schraffur zu einer einigermaßen gleichmäßigen Flache aus. Nach meinen ersten Erfahrungen ist es sinnvoll, die Schraffur der Ölkreide in entgegengesetzter Struktur zur späteren Wischstruktur vorzunehmen. Wenn ich z.B. eine streng in eine Richtung gehende, also streifenförmige Wischstruktur erzielen möchte, trage ich vorher die Schraffur in kleinen kreisförmigen Bewegungen auf, ggf. auch mehrere Farben nebeneinander, die sich dann beim geraden darüberwischen gut zu der geraden Struktur miteinander verblenden.







    Die verwendeten Farbtöne


    Zunächst hatte ich geplant, einen schönen mittelbraunen Grundton zu nehmen, und jeweils einen helleren und dunkleren, um die Farbnuancen auf der Haut damit wiederzugeben, sowie Schwarz und weiß zum Aufhellen und Abdunkeln.


    Schon beim ersten Versuch habe ich aber festgestellt, dass sich die gewünschten Effekte mindestens genau so gut erzielen lassen, indem ich das Dunkelbraun als Basisfarbe nehme und in verschiedenen Helligkeitsstufen mit weiß verblende. Das ganze Bild ist also praktisch nur aus dunkelbraun und weiß entstanden, und nur an den allerdunkelsten Stellen hat ein winziger Tick schwarz mitgeholfen.





    Die Reihenfolge


    Normalerweise fange ich nach der Bleistiftskizze immer mit der vollständigen Ausarbeitung der Augen an, denn die sind das schwierigste und entscheidendste. Wenn mich danach die Augen nicht so angucken wie ich es möchte, schmeiß ich das Blatt weg und fange nochmal von vorne an. Nach dem Motto: Augen gut, alles gut. Augen Mist, alles Mist.

    Bei diesem Motiv kann ich darauf jedoch verzichten, weil die Augen geschlossen und deshalb weder schwierig zu malen noch besonders kritisch sind. Stattdessen gehe ich genau in der Reihenfolge der einzelnen Bildbestandteile (lagenweise) von hinten nach vorn vor: erst den Hals und Oberkörper, dann das darüber hervorstehende Kinn und die gesamte Gesichtsfläche, erst danach den darüber vorstehenden Nasenrücken, und gaz am Schluss die über der Stirn sitzende Mütze. Grund für diese strenge Reihenfolge ist, dass ich so immer eine untere Lage habe, bei der ich mich "unsauber" an eine Kontur heranarbeiten oder sogar etwas darüber hinausschmieren kann, und später setze ich die "saubere" Kontur der oberen Lage dann darüber.

    Gerade bei Ölpastell, wo das sehr genaue und detaillierte Malen ja nicht so leicht ist, brauche ich zudem neben einer klaren Kante immer ein bisschen Raum zum Ausstreichen und Verblenden, besonders da wo die Räume eng werden. So wäre es z.B. Quatsch , erst einen von der Gesichtsfläche scharf abgegrenzten Nasenrücken zu malen und danach noch an der dahinter liegenden Gesichtsfläche rumzuarbeiten und dabei die Nasenkante nicht berühren zu dürfen. Das stellt sich aber alles im weiteren Verlauf noch deutlicher dar.



    Am Anfang das ungefähre Verhältnis von Licht und Schatten bestimmen


    Ich beginne damit an einer sehr einfachen und unkritischen Stelle, wo ich auch noch problemlos mehrmals korrigieren könnte, um damit so in etwa das richtige Maß an Plastizität zu finden.

    Dabei (beim Farbauftrag und beim Verwischen mit dem Finger) berücksichtige ich bereits den Verlauf von eventuell vorhandenen kleinen Hautfältchen, denn bereits kleine Farbnuancen im richtigen Richtungsverlauf werden solche Hautstrukturen später gut andeuten, ohne dass man die Falten überhaupt einzeichnen muss. Von der zunächst sehr groben Hell-/Dunkel-Struktur, die ich durch kräftiges Reiben mit dem Finger erziele, arbeite ich mich zu immer sanfteren Übergängen vor. Dabei gilt: je mehr Farbe sich auf dem Papier befindet (je dicker ich sie auftrage), desto besser funktioniert das verwischen und verblenden. Zum Aufhellen braucht man recht viel weiß, also nicht zu vorsichtig damit sein. Bei schwarz genügt ein winziger Strich, um das umliegende Braun damit durch verreiben deutlich abzudunkeln. Also Vorsicht mit schwarz!

    Dabei kann ich mit Dunkelbraun und Weiß immer noch gut einzelne Stellen nachträglich mehr aufhellen oder abdunkeln, in diesem Bereich alles völlig unkritisch. Der Oberkörper ist nach etwas mehr als einer Stunde bis hierhin fertig. Dabei ist es kein Problem, die scharfen Kanten der Schultern mit der Kante am flachen Ende der Ölkreide zu ziehen. Das sollte man aber so kräftig tun, dass dieser Strich bereits eine geschlossene Oberfläche hat. Späteres dran herum wischen ist an so einer Kante nicht so toll. Links habe ich eine knallweiße Linie als Kontur der Schulter gezogen und mich von da aus langsam in den dunkleren Bereich vorgearbeitet. So entsteht eine Reflexion des Gegenlichts auf der Haut.


    Als letzten Schritt für den Oberkörper brauche ich etwas Mut, weil ich dann immer das ungute Gefühl habe, möglicherweise was kaputt zu machen, wo ich so lange dran herumgefummelt habe: Highlichts setzen.

    Dazu setze ich mit dem sehr pigmentreichen Sennelier Weiß deutliche Akzente auf einige sowieso schon helle Stellen und verblende sie nur ganz leicht.

    Damit ist der Farbraum und der Kontrastbereich für den etwas anspruchsvolleren nächsten Schritt, das Gesicht, schon mal gut festgelegt, und ich kann mich später gut daran orientieren. Bis hierhin hat das ganze etwa drei Stunden gedauert: eine Stunde vorzeichnen, halbe Stunde Hintergrund, anderthalb Stunden Oberkörper ausarbeiten.

    Bis später mal wieder...


    LG Frank

  • Jetzt müssen tatsächlich meine Rembrandt Pastellkreiden noch ein bißchen warten. Ich hol meine Ölpastellkreiden wieder raus! [doppel-daumen]

  • So, dann geht es jetzt mal an das Gesicht.


    Als kleine Vorabinfo zu den verwendeten Materialien hier ein "Testblatt":

    für saubere Konturen und relativ feine Linien verwende ich die Kante am hinteren, flachen Ende der Ölkreide. Nötigenfalls schneide ich sie wieder kantig. Auf kleinstem Raum verblende ich mit Papierwischer


    bei noch feineren Details zeichne ich mit FC Polychromos Stiften die Linien oder Umrisse und verblende sie danach ggf. mit Ölpastell bzw male bis genau an sie heran, um sie fast unsichtbar zu machen


    noch feinere Details (Haare/Wimpern/Augenbrauen u.s.w.) kann man mit den Polychromos da wo nötig ganz gut auf die bereits gemalten Oberflächen aufzeichnen. Ich halte mich da nicht mehr so ganz dogmatisch an die Ölkreide


    Deshalb kommen jetzt beim Gesicht drei Polychromos Stifte in weiß, schwarz und walnussbraun dazu.




    Als erstes fülle ich die Flächen (wie beim Oberkörper) segmentweise mit der Grundfarbe und positioniere schon mal die wichtigsten hellen Flächen mit weißer Farbe. Ausgehend von der weißen Außenkontur der Stirn arbeite ich mich schon mal ein bisschen in Richtung dunkel, ähnlich wie bei der linken Schulter. Augen, Mund und Nase lasse ich solange wie möglich aus und schaffe mir lieber erstmal eine gute Plastizität (hell/dunkel) der übrigen Gesichtsfläche



    Bevor ich mich bis direkt an Augen und Mund annähere, zeichne ich dort die wichtigsten Linien schon mal in der späteren gewünschten Grundfarbe deutlicher nach, so dass ich sie beim heranmalen nicht versehentlich verliere. Hier die Oberlippengrenze in weiß, Unterlippengrenze walnussbraun, die Linie der geschlossenen Augenlider in schwarz. Die Kontur des Kinns habe ich mit der Kante der dunkelbraunen Kreide gezogen, und die finde ich auch schon ganz okay so. Wichtig finde ich bei der Gestaltung des Gesichts, dass ich mich unabhängig von der Position von Augenbrauen o.ä. ganz auf den Verlauf von hellen und dunklen Partien konzentriere, die ausschließlich aufgrund der der Anatomie und des Lichteinfalls zustande kommen und später die Lebendigkeit und den Ausdruck des Bildes bewirken sollen.


    Nun , nachdem ich mit der Gesichtsfläche erstmal zufrieden bin, male ich die beiden geschlossenen Augenlider. Dann die Lippen, die hier ausnahmsweise keinerlei Problem darstellen: ich brauche nur wenige winzige Striche der dunkelbraunen Kreide, um den hellbraunen Malgrund an den richtigen Stellen etwas abzudunkeln, und setze stattdessen großzügig Lichtreflexe mit der weißen Kreide. "Schwarzhäutige" Menschen haben normalerweise keine roten Lippen, sondern eher grau-braun. Nchdem ich beides so weit okay finde, zeichne ich den Nasenrücken mit einem kräftigen weißen Polychromos-Strich und ziehe den auf der Innenseite vorsichtig mit Ölkreide nach. Schon habe ich einen schmalen Übergang zum dunkleren Teil des Nasenbeins. Auf der unteren und rechten Seite, die ja im Schatten liegen, mache ich dasselbe mit dem braunen Polychromos und ziehe ganz vorsichtig ein paar Stellen mit dem schwarzen nach, um den Schatten etwas zu vertiefen. Jetzt kommt wieder der riskante Teil, das ganze mit Highlights zu verschlimmbessern....


    na ja, scheint ja einigermaßen gut zu gehen...[augen-roll]


    Damit ist das Gesicht eigentlich soweit fertig, wie ich es mit Ölpastell und ein paar Stift-Stellen hinbekomme, ohne mich nun allzu akribisch und mit endlosem Zeiteinsatz in allen möglichen Details zu verlieren. Ich habe mir nämlich zum Ziel gesetzt, nicht mehr allzu lange an solchen Bildern herumzumurksen und sie womöglich noch zu verschlimmbessern, außer wenn es sich um ein sehr wichtiges Bild wie z.B. das neulich von meinem Schwiegervater handelt.


    Nun ist es aber noch etwas nackt, und deshalb zeichne ich mit dem schwarzen Polychromos die Wimpern, die Augenbrauen und ein ganz kleines bisschen Haaransatz ein. Damit bin ich eigentlich mit allem fertig, was ich euch zeigen wollte. Das Mützchen fehlt ja noch....


    Ich habe mich gerade aus Zeitgründen entschieden, das Mützchen erstmal nur sehr grob, mit Ölpastell-typischen dicken Strichen hinzuknallen, da meine Frau heute auf eine zweiwöchige Konzertreise geht und ich ab jetzt erstmal genug mit Oma betreuen u.s.w. zu tun habe. Vielleicht überarbeite ich es irgendwann später nochmal.


    Aber als WIP-Projektchen finde ich es auch so erstmal ganz gut.


    FERTIG!



    LG Frank

  • Das ist so genial das Bild, die Beschreibung der einzelnen Schritte und die Tips und Ratschläge; einfach klasse und dafür gibt es ein Mega großes Lob [klatsch][doppel-daumen]

  • Wunderschönes Porträt!!!! Solch ein Bild mit den wenigen Farben abzuliefern, macht mich sprachlos!!! Ich bin sowieso von deinen Porträts begeistert und fasziniert, wie es dir gelingt, diese mit den klobigen Ölpastellen umzusetzen. Dein Wip war für mich daher sehr aufschlussreich. Vuelen Dank dafür!!!! Itgendwann möchte ich das auch ausprobieren!!!!

  • oh da hätte ich was tolles verpasst

    Danke für die einzelnen Schritte und die tollen Erklärungen...[blumenstrauss]

    Das jetzt schon ein tolles Portrait

    Schaue gespannt weiter zu..[doppel-daumen]

    was nützt Talent ,wenn mann nicht das Herz und Geduld hat zu üben..
    Das wache achtsame Auge und das dazugehörige verrückte Hirn.. [hexenkueche]

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